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Beteiligung und Zugang für alle

06.05.2024

Kasachstan stärkt seine Berufsbildung und setzt auf inklusive Ansätze, die Regierung fördert duale Fachschulen und die Teilnahme vulnerabler Gruppen am Arbeitsmarkt. Um internationale Erfahrungen in das kasachische Sekundarschulsystem zu integrieren, reisten zwei Expertinnen u.a. nach Deutschland.

Gelingende Inklusionsarbeit in der Werkstatt der Knobelsdorff-Schule

Das aufstrebende zentralasiatische Kasachstan baut seine Berufsbildung weiter aus. Fachkräfte sind auch hier gesucht, die berufliche Erstausbildung hat immer noch einen schlechten Ruf. Aber, die Regierung geht systemische Schritte, um das Netzwerk der exzellenten dualen Fachschulen zu etablieren und auch die Möglichkeiten einer Beteiligung von vulnerablen Gruppen auf dem ersten Arbeitsmarkt zu erhöhen. Im Fokus des Interesses steht dabei auch inklusive Berufsorientierung. Hierzu sammelt das kasachische Zentrum für inklusive Bildung internationale Erfahrungen, wie jüngst in Frankreich, Japan und Deutschland. Svetlana Ismagulova, Direktorin des Zentrums, angesiedelt in der Nationalen Akademie für Bildung „Ybyrai Altynsarin“ und die leitende Expertin zum Thema, Gulbarshin Nogaibayeva, entwickeln methodische Empfehlungen im Bereich der inklusiven Bildung im Auftrag des kasachischen Ministeriums für Bildung und Wissenschaft. Ihr Projekt trägt den Namen „Konzeptionelles Modell zur Gewährleistung von Inklusion und Barrierefreiheit im kasachischen Sekundarschulsystem“ (2023-2025) und führt das Projekt "Organisatorische und methodische Grundlagen zur Gewährleistung der Inklusivität der Berufsberatung für Schülerinnen und Schüler" (2023-2024) weiter. Es geht dabei um die Entwicklung von systematischen, innovativen Modellen der Berufsberatung von Schülerinnen und Schülern unter Berücksichtigung ihrer individuellen Fähigkeiten und besonderen Bedürfnisse. Zu diesen Fragen hatte GOVET ein kompaktes Programm in Berlin organisiert und dabei kollegiale Unterstützung von verschiedenen Berufsbildungseinrichtungen erhalten.

Berufsbildungsorte für die Inklusion

Vier Frauen sitzen lächelnd im Gespräch miteinander an einem Tisch
Geschäftsführerin der Gesellschaften im WIB Verbund Gudula Lühle mit Svetlana Ismagulova und Gulbarshin Nogaibayeva vom kasachischen Zentrum für inklusive Bildung in der Nationalen Akademie für Bildung „Ybyrai Altynsarin“ und GOVET-Projektleiterin Dr. Hannelore Kress

Erste Station waren die Weißenseer Integrationsbetriebe (WIB): Der Verbund fördert die soziale sowie berufliche Teilhabe und Inklusion von Menschen mit Behinderungen und sozialen Benachteiligungen. Sehr interessiert zeigten sich die Expertinnen aus Kasachstan an Instrumenten der Kompetenzerkennung wie einem Einstufungstest für die Qualifizierungen zum Textil- und Modeschneider bzw. Modeschneiderin. Weitere Berufsfelder in den WIB finden sich in den Bereichen Catering & Kantine, Hauswirtschaft und einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung in den Feldern Garten & Land, Logistik & Verpackung sowie Büro & digitale Kommunikation.

Am Berliner Oberstufenzentrum der Knobelsdorff-Schule traf die kleine Delegation Lehrpersonal und Auszubildende der Bautechnik. Die Schule setzt konzeptionell darauf, vom Jugendlichen aus zu denken – das Berufskonzept und die Identifikation mit dem Beruf, die in den Gesprächen mit den Auszubildenden deutlich wurden, beeindruckten die Expertinnen.

Wo beim Besuch des Zentralverbands des Handwerks (ZDH) Einblicke in die Arbeit auf Bundesebene und die Konzepte der inklusiven Berufsbildung und Berufsorientierung im Fokus standen, knüpfte der Abschluss der Delegationsreise an die konkrete Arbeit einer Inklusionberaterin an. In der Handwerkskammer (HWK) Berlin wurde anschaulich, was Inklusionsberatung alles leistet: In der Zusammenarbeit mit Unternehmen braucht es ein frühzeitiges Monitoring, um Unterstützungsbedarfe zu erkennen. Das bedeutet die Anbahnung direkter Hilfen, also die fallbezogene Beratung und Begleitung sowohl von Ausbildungsbetrieb als auch den Auszubildenden. Im Einzelnen sind das etwa eine Unterstützung bei Förderanträgen oder im Umgang mit Behörden, Informationen und Beratung zum Nachteilsausgleich in Prüfungen und auch konkrete Lernunterstützungen wie Lese-Schreibwerkstätten (Lerntherapie bei LRS) in einer Azubi-Akademie und ähnliches. Im Blick sind dabei stets die Stabilisierung und der Erhalt des Ausbildungsverhältnisses sowie die Vermeidung von Vertragslösungen oder Ausbildungsabbrüchen – für eine gelingende Inklusion sind gerade die erfolgreiche und selbstbestimmte Bewältigung der biografischen Übergangssituation in den Arbeitsmarkt ein wichtiger Faktor.