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Transatlantischer Dialog in der Berufsbildung mit Zukunft

Am 6. November 2025 fand zum zweiten Mal ein Transatlantischer Dialog in der Berufsbildung statt. Ein Jahr nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten drehte sich beim Experten-Austausch alles um die Zukunft der Berufsbildung und die Chancen für eine vertiefte Zusammenarbeit.

In Zeiten einer neuen Wirtschafts- und Zollpolitik sowie der rasanten Entwicklung von Künstlicher Intelligenz ist der Dialog zwischen Deutschland und den USA von besonderer Bedeutung.

Die Veranstaltung eröffnete Professor Hubert Ertl, Forschungsdirektor und stellvertretender Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) mit einem aktuellen Überblick zu den Herausforderungen der deutschen Berufsbildung.

Dr. Hannelore Kress, Teamsprecherin der Berufsbildungskooperationen von GOVET skizzierte kurz die Geschichte der bilateralen Zusammenarbeit mit den USA.

Wachstum der praxisnahen Berufsbildung in den USA

Das Modell der praxisnahen Berufsbildung, auch Apprenticeship (Lehre) genannt, wächst in den USA dynamisch. Die Zahl der Auszubildenden stieg von fast 287.000 im Jahr 2023 auf über 680.000 aktive Auszubildende im Jahr 2024. Insgesamt haben im gleichen Jahr rund 112.000 Auszubildende ihre Ausbildung abgeschlossen – ein beeindruckender Anstieg von 143 Prozent im Vergleich zu vor zehn Jahren. Der Anteil der angehenden Fachkräfte in den Gesundheits- und Erziehungsberufen wächst genauso wie in den traditionellen Bauberufen auch in den technischen Berufen. Überzeugend für viele sind unter anderem die guten Verdienstmöglichkeiten. So beginnen viele mit einem Stundenlohn von etwa 18 Dollar und steigen nach Abschluss der Ausbildung auf über 32 Dollar, das entspricht einer Lohnerhöhung von etwa 77 Prozent.

Deutsche Unternehmen als Treiber der Entwicklung

Rund 600 Milliarden US-Dollar investieren deutsche Firmen in den USA. Sie stehen vor zahlreichen Herausforderungen, denn Handelsunsicherheiten, Zölle und Arbeitskräftemangel erfordern neue Lösungsansätze. Viele Unternehmen mussten zunächst erst einmal Luft holen, aber, so Mario Kratsch, Vize Präsident der Deutsch-Amerikanischen Handelskammer in Midwest, Inc.  es gebe Licht am Ende des Tunnels und in kleinen, aber stetigen Schritten sähen auch die amerikanischen Mitgliedsunternehmen wieder die Notwendigkeit, in die Entwicklung von Auszubildenden zu investieren. Das ist in der Rekrutierungspolitik des Privatsektors traditionell nicht vorgesehen.  Das duale Ausbildungssystem werde in den USA als ein Erfolgsmodell betrachtet. Die AHK zeichnet jedes Jahr Unternehmen aus, die sich besonders engagieren. Kratsch verriet, dass der diesjährige Preisträger der Landwirtschaftsmaschinenhersteller Claas in Omaha, Nebraska, ist. Das deutsche Unternehmen setze auf die Entwicklung qualifizierter Talente und die Weiterentwicklung moderner Ausbildungsmodelle. Allgemein betont der AHK-Vizechef allerdings, dass es in den USA nicht nur um Ausbildung gehe, sondern dass die Unternehmen „Hände“ suchten, Menschen, die arbeiten wollen. Die Unterstützung durch die aktuelle US-Regierung sei ein wichtiges Signal, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen.

Donald Trump setzt auf das praxisorientierte Ausbildungsmodell

Im April 2025 erklärte Donald Trump in einer Verordnung: „Meine Regierung wird Ausbildungen weiter sichern und stärken und auf ihren Erfolgen aufbauen, um neue Chancen zu nutzen und das grenzenlose Potenzial des amerikanischen Arbeitnehmers freizusetzen.“ Bereits in seiner ersten Amtszeit hatte er das Thema Duale Berufsbildung als Teil der US-Arbeitsmarktpolitik etabliert – mit Erfolg.

Im Rahmen der Skills Initiative der deutschen Botschaft in Washington treffen sich regelmäßig Akteurinnen und Akteure aus der US-Wirtschaft und den Handelskammern, um über Themen der Ausbildungsmodelle zu diskutieren. Jean Pierre Froehly, Leiter der Wirtschafts- und Finanzabteilung der Botschaft, erläuterte, wie die Initiative mittlerweile auch ländliche Regionen der USA unterstützen werde – etwa durch neue Investitionen in Oklahoma von Unternehmen wie Lufthansa und NextEra Energy.

Ein weiteres zentrales Thema des Webinars war die datenbasierte Arbeitsmarktpolitik, die Dr. Ellie Hartman, Chief Evaluation Officer beim Büro für Arbeitsinformation und technischen Support (BWITS) im Bundesstaat Wisconsin, ansprach. Sie schilderte die Logik der Erhebungen und wie passgenau die Ausbildungsprogramme, am besten schon in den allgemeinen Schulen, den Highschool, positioniert werden. Wichtig ist der aktive, direkte Kontakt mit den Unternehmen. Sie abzuholen, wie Ausbildungsprogramme zu gestalten sind und mit den Community Colleges (u.a. Kompetenzzentren für Berufsbildung) zusammenzuarbeiten. Sie sieht den Wechsel vom Verständnis „Arbeit“ zum Verständnis „Wirtschaft“; das nähme die Unternehmen mehr in die Pflicht, auszubilden und dann auch zu halten, um die „Investitionen“ auch wachsen zu sehen. Wichtig für den Erfolg des Modells in Wisconsin seien aber auch bessere Rahmenbedingungen für Auszubildende zu schaffen, wie Kinderbetreuung, Transport und bezahlbarer Wohnraum. Da sei man mit der Vorgängerregierung mit der großen Infrastrukturförderung gut vorangekommen.

Bildergalerie des Webinars

Herausforderungen und Chancen in der Praxis

Als Verwaltungschef des Middle-Bucks-Institute of Technology in Jamison, Pennsylvania bestätigte, Dr. Mark Covelle, die wachsende Dynamik der Ausbildungszahlen. Er wisse gar nicht mehr, wo er noch bauen solle. Allerdings brauche er mehr Lehrpersonal, um dem wachsenden Bedarf an Fachkräften für die Unternehmen überhaupt bedienen zu können. Und was die Einführung von Künstlicher Intelligenz angehe, so müsse man beachten, dass immer mehr Büro- und Verwaltungsjobs wegfallen werden, aber die technischen und sozialen Berufe auf lange Sicht noch gute, berufliche Perspektiven bieten.

Zusammenfassung und Ausblick

Abschließend stellte Professor Hubert Ertl fest, dass es in Zeiten von Transformation und Künstlicher Intelligenz wichtig sei, dass der transatlantische Berufsbildungsdialog weitergeführt wird.

Hintergrundinformationen und Ankündigungen

Wood Powell (Department of Labour, USA) bestätigte, dass US Unternehmen immer noch eine enge Begleitung benötigen. Sie müssen an die Hand genommen werden, um die richtigen Partner zu finden und das Programm entsprechend gemeinsam entwickeln.

Interessierte am transatlantischen Dialog können sich gerne für kommende Veranstaltungen und Initiativen der GOVET anmelden. Diese kündigen wir regelmäßig hier auf unserem Webauftritt und auf unserem LinkedIn Kanal an. 

zum Webauftritt des US-Arbeitsministeriums