Indien
Berufsbildungszusammenarbeit mit Deutschland
Rahmen:
- Grundlage für die bilaterale Zusammenarbeit in der beruflichen Bildung bildet die gemeinsame Absichtserklärung zwischen dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und dem indischen Ministry of Skill Development & Entrepreneurship (MSDE), die Ende 2019 um weitere vier Jahre verlängert wurde.
- Gesteuert wird die bilaterale Berufsbildungskooperation mittels regelmäßiger Treffen der deutsch-indische Arbeitsgruppe.
Bedarf nach Berufsbildungszusammenarbeit
- Indien hat eine sehr junge Bevölkerung: Über 40 % der Einwohner*innen ist jünger als 25 Jahre, 85 % jünger als 55 Jahre (World Fact Book 2020). Nach Schätzungen des Ministry of Skill Development and Entrepreneurship (MSDE), kommen jeden Monat bis zu 1 Millionen Menschen neu auf den indischen Arbeitsmarkt.
- Trotz der eigentlich guten Voraussetzungen, mangelt es dem Schwellenland Indien an gut ausgebildeten Fachkräften. Ein großer Teil der Erwerbstätigen ist in prekären Arbeitsverhältnissen und der damit verbundenen schlechten Einkommenssituationen.
- Ziel der indischen Regierung ist es, möglichst viele junge Menschen für das Berufsleben zu qualifizieren, das Berufsbildungssystem bedarfsorientierter zu gestalten und eine bessere Qualifizierung des Lehrpersonals sicherzustellen
Bundesressorts
Auf übergeordneter Ebene verfolgt die Bundesregierung mehrere Ziele:
- Politikdialog mit und Politikberatung des strategischen Partners Indien in den für den Partner prioritären Themenfeldern der Berufsbildung.
- Die wirtschaftliche und soziale Entwicklung Indiens durch die Stärkung beruflicher Handlungskompetenz junger Menschen und die Förderung der Qualität der Ausbildung.
- Die Unterstützung deutscher Unternehmen, die an ihren indischen Standorten auf qualifiziertes Personal angewiesen sind, um ihr Qualitätsversprechen halten zu können. Dies gilt auch für die Produktion, den Vertrieb, die fachgerechte Installation und Bedienung sowie die Wartung und Instandhaltung deutscher Exportgüter.
- Mittelfristig: Beitrag zur Fachkräftesicherung in Deutschland. Dies deckt sich mit dem expliziten Ziel der indischen Regierung, einen Beitrag zu leisten, die Fachkräftelücke der industrialisierten Welt zu reduzieren.
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
Ziele der Zusammenarbeit:
- Nachhaltige Stärkung des Berufsbildungssystems und (Weiter-)Entwicklung und Förderung von dualen Elementen in der indischen Berufsbildung.
- Die qualitative Aufwertung der Institutionen des bestehenden staatlichen Systems der Berufsbildung
Lokaler Partner:
- Ministry of Skill Development & Entrepreneurship (MSDE) sowie seine nachgeordneten Behörden, derzeit (Stand Oktober 2021) das Directorate General of Training (DGT), die National Skill Development Corporation (NSDC) und die Sector Skill Councils (SSCs) sowie der National Council for Vocational Education and Training (NCVET)
Grundlagen der Zusammenarbeit:
- Gemeinsame bilaterale Absichtserklärung BMBF, BMZ, MSDE (aktuelle Absichtserklärung von 2019; zuvor Absichtserklärung von 2011 und 2015)
- Strategiepapier der Bundesregierung zur internationalen Berufsbildungszusammenarbeit aus einer Hand (2019)
Auftrag an folgende Durchführungsorganisationen (Vorhaben siehe unten):
- Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)
Ziele der Zusammenarbeit:
- Verbesserung der Arbeitsmarktorientierung von Berufsbildungssystemen
- Förderung beruflicher Bildung im ländlichen Raum
- Aufbau von Qualifizierungssystemen für verschiedene Sektoren, in denen der Fachkräftemangel besonders hoch ist
- Stärkung der beruflichen Bildung in der informellen Wirtschaft
Lokaler Partner:
- Ministry of Skill Development & Entrepreneurship (MSDE)
Grundlagen der Zusammenarbeit:
- Gemeinsame bilaterale Absichtserklärung BMBF, BMZ, MSDE (aktuelle Absichtserklärung von 2019; zuvor Absichtserklärung von 2011 und 2015)
- Regierungsverhandlungen
Auftrag an folgende Durchführungsorganisationen (Vorhaben siehe unten):
- Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH
- develoPPP
- Don Bosco
- iMOVE
Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK)
- Das BMWK unterstützt die Berufsbildungskooperation mit Indien mit seinen Instrumenten zur Außenwirtschaftsförderung. So bietet die vom BMWK geförderte AHK deutschen und indischen Unternehmen eine breite Palette von Dienstleistungen zur dualen Ausbildung an
- Das BMWK-Managerfortbildungsprogramm für Führungskräfte aus Indien wird die Möglichkeiten weiter ausbauen, beim Aufenthalt in Deutschland die duale betriebliche Ausbildung praxisnah kennenzulernen.
- Das KMU-Markterschließungsprogramm des BMWK, für das sich iMOVE als Fachpartner engagiert, bietet auch Unternehmen aus der Bildungswirtschaft die Möglichkeit, auf dem indischen Markt ihre Potenziale zu eruieren. Bei Einkäufer- und Informationsreisen nach Deutschland können indische Unternehmen potenzielle Geschäftspartner aus dem Bereich der Aus- und Weiterbildung treffen
Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft
- Im Rahmen der vom BMEL flankierten Dialogstränge und -plattformen spielt - angesichts des Ausbildungsdefizits in der indischen Landwirtschaft, in der nach wie vor knapp die Hälfte der Erwerbsbevölkerung beschäftigt ist - auch der Bereich der agrarischen Aus- und Weiterbildung eine prominente Rolle.
- Die German Agribusiness Alliance (GAA), ein Dachverband, in dem zahlreiche deutsche Branchenunternehmen vertreten sind, ist seit Ende 2015 mit dem Agriculture Skill Council of India (ASCI) durch eine gemeinsame Absichtserklärung verbunden. Diese zielt auf die Entwicklung von Konzepten und Aktivitäten mit indischen Partnern, in denen landwirtschaftliche best practices vermittelt werden sollen. Zu diesem Zweck existieren bereits Kooperationsvereinbarungen zwischen Ausbildungseinrichtungen in beiden Ländern (DEULA Nienburg - National Institute of Agricultural Extension Management) als Rahmen für einen Austausch von Experten und die Durchführung von Schulungen.
Durchführungsorganisationen und ressortnahe Institutionen
iMOVE (International Marketing of Vocational Education) / Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB)
Zeitraum:
- seit 2008
Ziele der Zusammenarbeit:
- Das iMOVE-Büro Indien ist die Vor-Ort-Struktur des BMBF für den Austausch zwischen deutschen Bildungsanbietern und indischen Bildungspartnern. Es fungiert als Anlauf- und Beratungsstelle für Firmen und Organisationen der deutschen Bildungswirtschaft, die sich für den indischen Markt interessieren, und für die indische staatliche und private Nachfrage nach „Training - Made in Germany“. Ziel ist die Identifizierung deutscher Kompetenzpartner für die indische Nachfrage.
Lokale Partner:
- Ministry of Skill Development & Entrepreneurship (MSDE)
Maßnahmen:
- Bündelung und Strukturierung der Nachfrage nach "Training – Made in Germany" aus Indien
- Kontaktherstellung zwischen indischen Partnern und deutschen Anbietern
- Werbung für "Training – Made in Germany" bei Messen und Konferenzen mit Bildungsbezug
- Marktbeobachtung
- "eUpdate", ein vierteljährlich erscheinender Newsletter für die indische Zielgruppe in englischer Sprache
develoPPP
- develoPPP ist ein Förderprogramm des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Es richtet sich an Unternehmen, die nachhaltig in einem Entwicklungs- oder Schwellenland investieren und ihre operative Tätigkeit vor Ort ausbauen wollen.
- Im Rahmen des Programms werden geeignete Vorhaben fachlich und finanziell im Umfang von bis zu 2 Mio. Euro unterstützt.
- Voraussetzung für eine Förderung sind ein langfristiges betriebswirtschaftliches Interesse im Land und ein nachhaltiger entwicklungspolitischer Nutzen für die Menschen vor Ort
- Die Finanzierung und Umsetzung eines develoPPP-Vorhabens erfolgt gemeinschaftlich mit einem der beiden erfahrenen, öffentlichen Durchführungspartner: DEG – Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH oder Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH
- Auch in Indien werden verschiedene develoPPP Projekte gefördert
Zu den Projekten von develoPPP
Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH
Vorhaben 1: Deutsch-Indisches Programm für Berufliche Bildung II (Indo-German Programme for Vocational Education and Training) IGVET II
- Im Auftrag des BMZ
- Zeitraum: 2020 – 2024
Ziele der Zusammenarbeit:
- kooperative und somit gemeinsame Ausgestaltung von Berufsbildung
- Die Anzahl Jugendlicher und junger Erwachsener, die von verbesserter Qualität der kooperativen Berufsbildung profitieren, in ausgewählten Brachen und Regionen erhöhen
- Mit Kammern/Industrieverbänden soll landesweit eine überbetriebliche Ausbildungsabstimmung und -koordination in bis zu 44 Industrieclustern erreicht werden
Lokale Partner:
- Ministry of Skill Development and Entrepreneurship, MSDE
Maßnahmen:
- Förderung der stärkeren Einbeziehung der Privatwirtschaft in staatliche Berufsbildung
- Förderung der Anerkennung von geeigneten BB-Eigenmaßnahmen auf Seiten der Privatwirtschaft
- Unterstützung bei der Umsetzung der bereits im Vorgängermodell IGVET I entwickelten Modelle der kooperativen Berufsbildung in Clustern. Ein Cluster besteht aus einer Gruppe von Unternehmen in einer bestimmten Region und Branche, die durch eine Kammer oder einen Industrieverband vertreten wird. Das Vorhaben arbeitet eng mit den Kammern und Industrieverbänden zusammen und entscheidet gemeinsam mit deren Mitgliedern, welches Modell der kooperativen Berufsbildung ihren Bedürfnissen am besten entspricht.
- Nachnutzbarkeit und systemischer Wandel: Die gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen werden sorgfältig dokumentiert und bilden die Grundlage für konkrete Reformvorschläge
- Geschlechtergerechtigkeit in der Berufsbildung: Das Vorhaben bezieht Ausbilderinnen, Berufsschulleiterinnen, Unternehmerinnen und Arbeitgeberinnen systematisch in die Gestaltung und Umsetzung der kooperativen Berufsbildungsmodelle mit ein. Zugleich werden konkrete Empfehlungen zur Geschlechtergerechtigkeit in Reformvorschläge integriert.
Zum Projekt in der GOVET Projektdatenbank
Vorhaben 2: Gujarat Apex Training Institute (GATI)
- Im Auftrag des BMZ
- Zeitraum: 2022 – 2025
Ziele der Zusammenarbeit:
- Die Berufsausbildungsprogramme der Industriellen Trainingsinstitute (ITIs) haben sich in Bezug auf Qualität und Relevanz für die Industrie verbessert.
Lokale Partner:
- Die Regierung von Gujarat, Indien, insbesondere das Direktorat für Beschäftigung und berufliche Aus- und Weiterbildung
Maßnahmen:
- Zum Vorteil von Auszubildenden und Industrie, werden die Ausbildungsinstitute für Ausbilder*innen (Institutes of Training of Trainers, iToTs) und die Kompetenzzentren (Centres of Excellence, CoEs) in Gujarat nachhaltige und fortschrittliche technologische Ausbildungskurse für Ausbilder*innen, Auszubildende und Industrieangestellten anbieten.
- Die Institute werden als Ausbildungseinrichtungen von Weltklasse errichtet, die auf internationalen Standards, Systemen und technischer Expertise basieren und von einem in Ahmedabad ansässigen Zentrum unterstützt werden. Das Gujarat Apex Training Institute Projekt wird vier CoEs und acht iToTs ausbauen.
- Auf High-Tech ausgelegte berufliche Aus- und Weiterbildung mit technischen Leistungen, Blended-Learning-Ansätzen und Beratung
- Marktorientierte Kurz- und Langzeitkurse im Bereich der modernen Technik
- Weiterbildung für Auszubildende aus beruflichen Aus- und Weiterbildungseinrichtungen, zur Weiterentwicklung ihrer Fähigkeiten, um eine größere Reichweite und Wirkung zu erzielen
- Die CoEs werden simultan industrieorientierte Kurse und Schulungen für Ausbilder*innen aus der Industrie und neue Bewerber usw. in den Bereichen Automobiltechnik, Elektro- und Energiemanagement, fortgeschrittene Herstellung sowie Elektrotechnik und Informations- und Kommunikationstechnologie durchführen.
Zum Projekt in der GOVET-Projektdatenbank
Vorhaben 3: Indo-German Initiative for Technical Education (IGnITE)
- im Auftrag des BMZ
- als Programm von DeveloPPP
- Zeitraum: 2020 – 2024
Ziele der Zusammenarbeit:
- Qualitative Aufwertung des bestehenden Ausbildungsangebots in fünf Berufsfeldern (Elektriker*in, Schlosser*in, Elektro-Mechaniker*in, Drechsler*in und Mechaniker*in) in ausgewählten Bundesstaaten (darunter Goa, Telangana, Arunachal Pradesh, Assam, Meghalaya und Nagaland; weitere Bundesländer sind im Gespräch)
- Bis zu 400 betriebliche Ausbilder*innen und bis zu 500 ITI-Lehrkräfte sollen bis 2024 an den geplanten Weiterbildungen teilnehmen
Lokale Partner:
- Ministry of Skill Development and Entrepreneurship, MSDE
- Siemens India
Maßnahmen:
- Förderung der Einbindung der Privatwirtschaft in die Gestaltung und Umsetzung der jeweiligen Ausbildungskurse an bis zu 100 ITIs
- Entwicklung von Fortbildungen für betriebliche Ausbilder*innen sowie das ITI-Lehrpersonal
Zum Projektbericht bei Siemens
Nichtregierungsorganisationen
Don Bosco
- Das Netzwerk Don Bosco entspringt der Ordensgründung der Salesianer Don Boscos 1859 durch den geistlichen Johannes Bosco
- Es setzt sich aus verschiedenen Gruppen zusammen, unter anderem den Salesianern Don Boscos (SDB), Don Bosco Schwestern (FMA), Salesianische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Don Boscos (SMDB), Don Bosco Mondo oder Don Bosco International e.V.
- Gemeinsam engagiert sich das Don Bosco Netzwerk für junge Menschen weltweit. Und setzt sich gemeinsam fürgemeinsam für Menschenrechte, Bildung, Gleichberechtigung und transparente Entwicklungszusammenarbeit ein.
- In Indien betreibt Don Bosco Jugendzentren, Sozialzentren, Schulen, Berufsbildungszentren und Medienzentren.
- Die Einrichtungen der Salesianer für Straßenkinder und Jugendliche in Risikosituationen umspannen wie ein Netz ganz Indien, besonders sind sie aber auch im Nordosten in der Bildungs- und ländlichen Entwicklungsarbeit unter den Ureinwohnerstämmen vertreten
Vorhaben 1: Sanitärausbildung in Indien - Grohe Dual Tech - Berufsbildung in einer starken Gemeinschaft
- Zeitraum: 2021 – 2024
- Zusammenarbeit mit Grohe AG (Auch auf den Phillipinen)
Ziele der Zusammenarbeit:
- Das Ziel ist eine hochwertige Aus- und Weiterbildung in der Sanitärtechnik für benachteiligte Jugendliche. Die am lokalen Markt und Bedarf ausgerichteten Lehrgänge mit anerkannten Zertifikaten ermöglichen den Absolventen einen würdigen, sicheren und gut bezahlten Arbeitsplatz.
Maßnahmen:
- Die Grohe AG richtet Werkstätten ein, stellt Möbel und finanziert Material und Lohn. Zudem entsendet das Unternehmen regelmäßig Fachkräfte, die berufsbildend, beratend und unterstützend vor Ort tätig sind
- Zur Sicherung der Qualitätsstandards der Ausbildung werden Train-the-Trainer Einheiten und regelmäßige Besuche von Grohe-Mitarbeitern durchgeführt, sowie Materialien und Ausbildungshilfen der Firma verwendet. Don Bosco übernimmt das Recruitment, die ganzheitliche Förderung und das Job Placement der jungen Zielgruppe
Zum Projekt in der GOVET Projekt-Datenbank
Zum Projekt bei Don Bosco Mondo
Vorhaben 2: Berufsbildungsprogramme mit Unternehmen
- Laufzeit: Seit 2007 bis auf Weiteres
- In Kooperation unter anderem mit: Deutsch-Indische Handelskammer (AHK) Pune, Lorch Schweißtechnik GmbH, INA Bearings India Private Limited - Schaeffler Group, SKF India Ltd., Knorr-Bremse SCV India Pvt Ltd.
Ziele der Zusammenarbeit:
- Jungen Menschen durch Bildung und berufliche Weiterbildung zu einem besseren Leben zu verhelfen
- Lokale, qualitativ hochwertige praxisnahe Ausbildung für indische Jugendliche anbieten
- Erhöhen der Chancen auf dem Arbeitsmarkt für ausgebildete Jugendliche
- Die Standorte werden durch finanzielle Zuwendungen, Ausbildungsangebote (gerade im Bereich Train-the-Trainer), Unterrichtsmaterialien und Gerätschaften von den Unternehmen aufgewertet
Maßnahmen:
- Praxisnahe Ausbildungsangebote an Trainigscentern
Wirtschaft
- United Nations Human Development Index (HDI): 2021: Der Human Development Index von Indien beträgt 0,633. Das entspricht dem Rang 132 von 191 Ländern (Quelle: UNDP)
- Seit der Liberalisierung der indischen Wirtschaft Anfang der 1990er Jahre ist Indien zu einer der am stärksten wachsenden Volkswirtschaften geworden. Heute Indien in der Bio- und Informationstechnologie zu den führenden Ländern der Welt. Deutschland ist innerhalb der EU Indiens wichtigster Handelspartner.
- Die indische Volkswirtschaft ist deutlich von Missverhältnissen geprägt. Nur etwa 2,2 Prozent der 15- bis 59-jährigen Inder*innen haben derzeit eine formale Berufsausbildung. Mehr als 40 Prozent der arbeitenden Bevölkerung sind in der Landwirtschaft beschäftigt – die aber nur noch etwa 17 Prozent zum BIP beiträgt. (BMZ, 2023)
- Das Schul- und Berufsbildungssystem wird weder qualitativ noch quantitativ den Bedarfen der Wirtschaft gerecht. Das hat Auswirkungen auf die Qualität der Ausbildung, der Arbeit und der Produkte und damit auch auf das Wachstum und die globale Wettbewerbsfähigkeit.
- Die indische Wirtschaft öffnet sich nur langsam den Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit der Regierung. Ein großer Teil der indischen Unternehmerschaft ist wenig ausbildungswillig, viele Betriebe sind nicht ausbildungsfähig. Trotz der großen Bemühungen von staatlicher Seite sind die Ergebnisse bisher überschaubar.
- BIP je Einwohner in US $ (GDP per capita in current US $): 2019: 2.050; 2020: 1.913; 2021: 2.238; 2022: 2.411 (Quelle: Worldbank, 02/2024)
- Veränderung des realen BIP zum Vorjahr (GDP growth annual): 2019: 3,9 %; 2020: -5,8 %; 2021: 9,1 %; 2022: 7,2 % (Quelle: Worldbank, 02/2024)
- Inflationsrate (GDP deflator annual): 2019: 2,4 %; 2020: 4,7 %; 2021: 8,5 %; 2022: 8,2 % Quelle: Worldbank, 02/2024)
- Top 5 Exportländer (Gesamtausfuhr): 2022: USA 17,7 %; Vereinigte Arabische Emirate 6,9 %; Niederlande 4,1 %; China 3,3 %; Bangladesch 3,1 %; (Quelle: GTAI)
- Top 5 Importländer (Gesamteinfuhr): 2022: China 14,0 %; Vereinigte Arabische Emirate 7,4 %; USA 7,1 %; Saudi-Arabien 6,3 %; Russland 5,5 % (Quelle: GTAI)
Gesellschaft
- Einwohnerzahl: 2022: 1,42 Milliarden (Quelle: Worldbank 02/2024)
- Bevölkerungswachstum: 2020: 1 %; 2021: 0,8 %; 2022: 0,7 % (Quelle: Worldbank, 02/2024)
- Indien ist mittlerweile das bevölkerungsreichste Land und die fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt. (BMZ 2024)
- Trotz des rasanten Wirtschaftswachstums seit Beginn der 1990 Jahre lebt noch immer ein großer Teil der Bevölerung uin Armut. 2022 mussten 180 Millionen Menschen in Indien mit weniger als 2,15 US-Dollar pro Tag auskommen. Die Corona-Pandemie hat für einen erneuten Anstieg von Arbeitslos und Armut besonders bei benachteiligten Gruppen gesorgt. (BMZ 2024)
- Innerhalb des Landes gibt es einige soziale Gruppen die stark benachteiligt sind, wie z.B. Adivasi, Dalits und Muslime. Zusätzlich nimmt die Ungleichheit stetig zu, speziell das Gefälle zwischen Stadt und Land.
- Altersstruktur: 2023 (geschätzt): 0-14 Jahre: 24,77 %; 15-64 Jahre: 68,42 %; 65 Jahre und älter: 6,8 % (Quelle: World Fact Book)
- Indien ist ein sehr diverses Land mit einer Vielfalt an Ethnien, Sprachen und (Sub-)Kasten.
- Alphabetisierungsrate (15 Jahre und älter): 2022: 76 % (Quelle: Worldbank, 02/2024)
- Arbeitslosenquote: 2022: 4,8 % (Quelle: Ilostat)
- Jugendarbeitslosenquote: 2022: 17,9 % (Quelle: Ilostat)
- Jugendliche, die sich nicht in nicht in Arbeit, Schul- oder Berufsausbildung befinden (NEET): 2022: 25,8 % (Quelle: Ilostat)
Staat
- Berufsausbildung wird weitgehend als staatliche Aufgabe verstanden und ist überwiegend schulischer Natur.
- Im Zuge der aktuellen Bildungsreformen (2020) wurden das Ministry of Skill Development and Entrepreneurship (MSDE) und das Ministry of Education (MoE) unter einer gemeinsamen ministeriellen Führung zusammengelegt. Das MSDE ist zuständig für die etablierten Strukturen der Industrial Training Institutes (ITIs) und der Apprenticeships und trägt den Großteil der Verantwortung für die Berufsbildung in Indien
Berufsbildungssystem
- Das indische Bildungssystem ist dezentral organisiert, die Zuständigkeit liegt gemeinsam bei Zentralregierung und den Landesregierungen
- Es herrschen große regionale Unterschiede in der Art der Schulformen sowie der Qualität und Reichweite
- In Indien koexistieren mehrere Schulformen – staatliche, semi-staatliche, private, formale und nicht formale Institutionen
- An den Schulen werden Programme mit berufsbildenden Elementen in den Klassen 9 und 10 der Sekundarstufe I angeboten und dauern in der Regel 1 Jahr. Ausbildungsort sind Sekundarschulen (secondary und senior secondary schools)
- Absolvent*innen der 10. Klasse der allgemeinen Schulbildung oder der berufsbildenden Programme der Sekundarstufe I können anschließend verschiedene Berufsbildungsprogramme der Sekundarstufe II durchlaufen
- Die am weitesten verbreiteten Berufsausbildungsprogramme in Indien sind das Craftsmen Training Scheme (CTS) und das Apprenticeship Training Scheme
- Das CTS bietet ein- bis zweijährige Ausbildungskurse in 137 Berufen an (Stand 2021) , durchgeführt an Industriellen Ausbildungseinrichtungen (Industrial Training Institutes – ITIs) mit einem Praxisanteil von bis zu 70 %
- Jährlich stehen zurzeit 3-4 Millionen Ausbildungsplätze in staatlichen und privaten außerbetrieblichen Berufsschulen, den Industrial Training Institutes (ITI), zur Verfügung, während jedoch mehr als 13 Millionen benötigt würden.
- Absolvent*innen von Berufsbildungsprogrammen der Sekundarstufe II haben die Möglichkeit sich für weiterführende Ausbildungsgänge auf der postsekundären nicht-tertiären Ebene oder den Bachelor of Vocational Education einzuschreiben
- An technischen Hochschulen und Fachhochschulen (Polytechnics) kann nach dreijährigem Programm das berufsabildende Basisdiplom (Basic Diploma) erworben werden. Absolventen des Basic Diplomas können sich für höhere Diplomstudiengänge oder für einen Bachelor of Vocational Education einschreiben
- Höhere berufsbildende Diplome (Advanced Diploma) können nach zwei bis der Jahren auf der postsekundären, nicht tertiären Ebene an Polytechnics erworben werden
- Der Bachelor of Vocational Education kann im Tertiärbereich der Hochschulen nach drei Jahren Studium erworben werden. Zulassungsvoraussetzung ist ein erfolgreicher Abschluss der 12. Klasse der allgemeinen Bildung oder des Advanced Diploma auf dem postsekundären nicht-tertiären Bildungsniveau
Die indische Regierung verlagert zurzeit einen Schwerpunkt der politischen Anstrengungen auf den Auf- und Ausbau der beruflichen Bildung und ihre stärkere Verzahnung mit akademischer Bildung. In der 2020 veröffentlichten National Education Policy legt Indien verschiedene Ziele für die Berufsbildung fest, unter anderem:
- Frühere Programme zur beruflichen Orientierung in der allgemeinbildenden Schule mit Kooperation von Schulen und ITIs – bis 2025 sollen mindestens 50 % der Schüler*innen an Schule oder Hochschule Erfahrungen mit Berufsausbildung gemacht haben
- Der nationale Qualifikationsrahmen National Skills Qualifications Framework (NSQF) soll die Anerkennung von Berufserfahrung erleichtern und die vertikale Mobilität im Bildungssystem erleichtern
Herausforderungen für die Berufsbildung
- Indien steht vor der Herausforderung, die große und weiterhin wachsende Bevölkerung mit ihrem hohen Anteil junger Menschen in eine „demografische Dividende“ für das dynamische Wirtschaftswachstum des Landes nutzbar zu machen und durch eine Stärkung der beruflichen Bildung eine „demografische Katastrophe“ abzuwenden
- Bei weiterwachsender Einwohnerzahl wird Indien in Zukunft das bevölkerungsreichste Land der Erde sein. Im Vergleich zur alternden Gesellschaft in Deutschland ist in Indien ein relativ hoher Anteil der Bevölkerung jünger als 15 Jahre
- Jährlich treten über 10 Millionen junge Menschen ohne formale Qualifizierung auf den Arbeitsmarkt
- Weiterbildung eingebunden und tritt vor allem in Bezug auf die finanzielle Ausgestaltung von beruflicher Bildung nicht aktiv genug auf
- Frauen und Mädchen werden bei der beruflichen Bildung unzureichend gefördert und sind insbesondere von Arbeitslosigkeit betroffen
- Berufsbildung wird in Indien oft als minderwertiger Bildungsweg für Schüler*innen gesehen die keinen Erfolg im allgemeinen Schulsystem haben
- Indien steht vor der Herausforderung, das gravierende Ungleichgewicht zwischen unzureichend qualifizierten Arbeitskräften und dem gleichzeitig wachsenden Bedarf der indischen Wirtschaft und internationalen Unternehmen an qualifizierten Fachkräften abzubauen.
- Erforderlich ist daher der rasche Aufbau einer leistungsfähigen Berufsbildungsinfrastruktur, z.B. durch den Aufbau bzw. die Modernisierung von Ausbildungsstätten oder -zentren, qualifiziertes Bildungspersonal, moderne technische Ausstattung, die Entwicklung und Implementierung von Standards, moderne berufspädagogische Ausbildungsmethoden, Beteiligung der Wirtschaft an Berufsausbildung sowie Berufsbildungsforschung.
- Das Interesse an handlungsorientierten, betriebsnahen und arbeitsbasierten Formen beruflicher Bildung, die für das deutsche Berufsbildungssystem charakteristisch sind, ist groß.
Quellen:
- BQ Portal (2022);
- iMove Marktstudie Indien (2018);
- Unesco Unevoc TVET Country Profile India (2018);
- Government of India (2020). Ministry of Human Resource Development. National Education Policy 2020
- Government of India (2021), Ministry of Skill Development & Entrepreneurship, Annual Report 2020-2021
- UNESCO New Delhi Cluster Office (2020) VOCATIONAL EDUCATION FIRST, State of the Education Report for India 2020, Technical and Vocational Education and Training (TVET)
Projekte in der Berufsbildungszusammenarbeit
Weitere Projekte finden Sie in der Datenbank Berufsbildungszusammenarbeit
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