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Ghanaisches Berufsbildungssystem im Wandel

Ein Jahr nach umfassenden Reformen in der Berufsbildung zieht Ghana im Rahmen der TVET Expo Bilanz. Was konnte in der Zwischenzeit erreicht werden? Ein Ergebnis der Arbeit: der erste ghanaische Berufsbildungsbericht, der in Zusammenarbeit mit GOVET entstand.

Ghanaisches Berufsbildungssystem im Wandel
Hochrangige Unterstützung für die ghanaische Berufsbildung (v.l.n.r.): Hubert Romer (Geschäftsführer WorldSkills Germany), Seth Twum Akwaboah (C.E.O. Association of Ghana Industries), Nana Wireko Ampem-Opoku (Vorsitzender CTVET), Dr. Mahamudu Bawumia (Vizepräsident der Republik Ghana), Dr. Fred Kyei Asamoah (Generaldirektor CTVET), Gifty Twum-Ampofo (Vizeministerin für Bildung in Ghana), Daniel Krull (Botschafter der BRD in Ghana)

Seit den umfassenden Reformen Ende 2020 befindet sich das ghanaische Berufsbildungssystem in einem andauernden Veränderungsprozess. Vor dem Education Regulatory Bodies Act war das System sehr fragmentiert und insgesamt 19 Ministerien unterstellt. Die Commission for Technical and Vocational Education and Training (CTVET) ist seit der Reform die zentrale ghanaische Berufsbildungsbehörde, die für die Steuerung, Weiter­entwicklung und Überwachung des Berufsbildungssystems in Ghana zuständig ist. Ein knappes Jahr nach dem Gesetz bot die „TVET Expo 2021“ beste Gelegenheit, eine erste Bilanz zu ziehen und die neusten Veränderungen zu präsentieren.

Die Veranstaltung wurde vom Vizepräsidenten der Republik Ghana, Dr. Mahamudu Bawumia, eröffnet. In seiner Rede unterstrich der Vizepräsident die Bedeutung der beruflichen Bildung für die Industrialisierung des afrikanischen Staates und zur Schaffung von Arbeitsplätzen für die junge Bevölkerung. Ghana könne langfristig nur durch gut ausgebildete Fachkräfte sein Ziel der Unabhängigkeit von internationalen Geldgebern erreichen, erläuterte er im Sinne der Regierungsstrategie „Ghana beyond aid“; dazu sei TVET der Grundstein und er verfolge die Vision, dass Ghana ein Zentrum für Exzellenz in der Berufsbildung in Westafrika werden solle. 

Zur TVET Expo kamen zahlreiche Bildungsexpert*innen, -akteure und -interessierte in Accra zusammen

Die Vizeministerin für Bildung, zuständig für TVET, Gifty Twum-Ampofo, machte auf die Bedeutung des Restrukturierungsprozesses, der seit Beginn des Jahres vollzogen wurde, aufmerksam: Alle Berufsbildungsinstitute, die sich zuvor auf 19 Ministerien verteilten, sind nun dem Bildungsministerium zugeordnet. Sie würdigte den Prozess als großen Schritt, der zu höherer Qualität, besserer Koordinierung und einem insgesamt stärkeren Berufsbildungssystem führe. Nationale Strategien, wie das „Free Senior High School“-Programm, das den kostenfreien Besuch von Sekundärschulen (Senior High Schools) für Jugendliche ermöglicht, könnten dadurch nun vollständig auf alle Berufsbildungsinstitute ausgerollt werden.

Validierung des ersten ghanaischen Berufsbildungsberichtes

Doch für die Frage, wie wettbewerbsfähig das ghanaische Berufsbildungssystem wirklich ist, gibt es bisher kaum verlässliche und öffentlich zugängliche Quellen. Wie viele Jugendliche wählen diesen Bildungsweg überhaupt und welche Ausbildungsprogramme können sie wählen? Wie ist das System finanziell aufgestellt und wie sieht es mit der Umsetzung der von CTVET verabschiedeten Strategien für den Sektor aus, z. B. der Durchführung von den sogenannten „Comptency-Based-Trainings“ oder dem Angebot der Praktika im Rahmen der Ausbildung (Workplace-Experience-Learning)? Diese und weitere Fragestellungen hat der erste ghanaische Berufsbildungsbericht in den Fokus genommen. GOVET berät die ghanaische Berufsbildungsbehörde Commission for TVET (CTVET) seit anderthalb Jahren bei der Erstellung des Berichtes, der zum Ziel hat, grundsätzliche Zahlen, Daten und Fakten zum Berufsbildungssystem in Ghana zu konsolidieren und der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.

GOVET-Projektleiterin Julia Olesen im Validierungsworkshop zum ersten ghanaischen Berufsbildungsbericht

Während eines Validierungsworkshop mit Akteuren der Berufsbildung im Rahmen der dreitägigen TVET Expo wurde der vorliegende Entwurf des Berufsbildungsberichts gründlich unter die Lupe genommen. Die Kernergebnisse des TVET Reports stellte Samuel Thompson, Leiter der Abteilung Projects, Planning, Reporting, Monitoring and Evaluation bei CTVET, vor. Expert*innen aus Bildungssektor und Wirtschaft diskutierten verschiedene thematische Aspekte und gaben einerseits Anregungen zur kurzfristigen Anpassung, formulierten aber auch wichtige Verständnisfragen. Es konnten zahlreiche Hinweise zu weiterem Informationsbedarf aufgegriffen werden, z. B. zur genaueren Aufschlüsselung finanzieller Ressourcen. Alle Rückmeldungen wurden dokumentiert, von den Gruppen im Plenum vorgestellt und fließen im Nachgang in den Bericht ein. Der Director General von CTVET, Dr. Fred Kyei Asamoah, hob zum Ende des Validierungsworkshops hervor, wie wichtig dieser Austausch für die Einbindung von Stakeholdern sei. Er trage zur Akzeptanz des Berichtes und dessen Sichtbarkeit bei.

TVET Transformation – Status quo und Zukunft der Berufsbildung in Ghana

Dass ein qualitatives und transparentes Berichtswesen die Basis für eine Weiterentwicklung der Berufsbildung in Ghana darstellen, wurde auch am dritten Tag der TVET Expo deutlich. CTVET stellte den aktuellen Stand der Umsetzung einiger Initiativen und Policies vor und diskutierte diese mit den Teilnehmer*innen aus Wirtschaft, den Sozialpartnern und dem Berufsbildungssektor. So konnte dank des Berufsbildungsberichtes die Entwicklung der Berufsschüler*innen aufgezeigt werden: Im Zeitraum 2015 bis 2020 hat sich die Zahl der Schüler*innen verdreifacht auf etwa 100.000 in 2020. Auch die Rahmenbedingungen von Berufsbildung spielen im Bericht eine wichtige Rolle: Ein Beispiel sind die Initiativen zu besserer Mülltrennung in den Instituten („Greening TVET“), die, wie im Bericht sichtbar wurde, bei einem Drittel aller Institute noch nicht greifen. Zur Verbindung der Trainingsinstitute mit der Wirtschaft äußerten sich viele Institute in Befragungen tendenziell positiv – insgesamt ist die Berufsbildung bislang zu wenig praxisorientiert gewesen, daher überrascht diese Einschätzung aus dem Sektor. Dr. Fred Kyei Asamoah, Director General von CTVET, unterstrich die Wichtigkeit der engen Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft, Regierung und der Forschung & Lehre. Sie müsse noch stärker werden, um das Berufsbildungssystem besser aufzustellen.

Erfolge und Ergebnisse

Im Forum zur TVET Transformation resümierte CTVET zusammenfassend folgende bisherigen Erfolge der zurückliegenden Schritte:

  • Neuordnung aller Berufsbildungsinstitute unter dem Bildungsministerium abgeschlossen
  • Von 22 wurden elf Sector Skills Bodies zur besseren Einbindung der Wirtschaft bereits eingeweiht
  • Ein Verfahren zur Anerkennung non-formal und informell erworbener Kompetenzen wurde pilotiert und wird nun eingeführt (Recognition of Prior Learning, in enger Zusammenarbeit mit der GIZ)
  • Kampagnen zur Verbesserung des Images von TVET laufen erfolgreich (MyTVET, WorldSkills)
  • Derzeit erhalten viele Trainingsinstitute und Technische Hochschulen (Technical Universities) neue Ausstattung und Trainingsmaterialien (z. T. Sponsoring aus China)
  • Aufbau der Akenten Appiah-Menka University of Skills Training and Entrepreneurial Development (AAMUSTED), einer Hochschule für Berufsbildungspersonal

Erste WorldSkills National Competition in Ghana

Preisgekrönte ghanaische Auszubildende bei der WorldSkills Competition

Parallel zur TVET Expo fand die WorldSkills National Competition statt. 84 Auszubildende aus Ghana traten in 14 Disziplinen an und zeugten vom Potenzial der Jugend in dem Land. WorldSkills Germany unterstützte CTVET als deutscher Kooperationspartner, auch bei der Ausrichtung der regionalen Wettbewerbe, die im Vorfeld die Kandidat*innen für die nationale Competition auswählten. Bei der Preisverleihung betonte Hubert Romer, Geschäftsführer von WorldSkills Germany, dass die Standards, die WorldSkills verlangt, zu einer international wettbewerbsfähigen Berufsbildung in Ghana beitragen können.