BP:
 

Duale Berufsbildung in Costa Rica – eine Zwischenbilanz

21.12.2022

Seit Anfang 2022 wird die duale Berufsbildung in Costa Rica umgesetzt – ein guter Zeitpunkt um eine erste Bilanz zu ziehen und die Weichen für die Zukunft zu stellen.

Duale Berufsbildung in Costa Rica – eine Zwischenbilanz
Die Arbeitsgruppe der interinstitutionellen Berufsbildungskommission (Comisión Asesora y Promotora) plant in den künftigen Entwicklungen eine enge Zusammenarbeit von Wirtschaft und Staat – unter Beteiligung der Gewerkschaften.

Im Rahmen der bilateralen Kooperation des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) mit Costa Rica besuchte GOVET im November 2022 die costa-ricanischen Partner und zog gemeinsam mit ihnen ein Zwischenfazit der bisher eingeführten Ausbildungsprogramme und Umsetzungsaktivitäten. Die Einführung der dualen Ausbildung in Costa Rica basiert auf dem 2019 verabschiedeten Gesetz zur dualen technischen Ausbildung. Zusätzlich zu den drei Programmen mit über 30 Auszubildenden, die im Februar und März dieses Jahres gestartet sind, haben weitere Unternehmen in unterschiedlichen Ausbildungsrichtungen begonnen. Mit steigendem Bekanntheitsgrad der dualen Berufsbildung (Educación y Formación Técnica Profesional Dual) in Costa Rica wächst auch das Interesse der Wirtschaftsverbände und Unternehmen. In verschiedenen Gesprächs- und Workshoprunden, z. B. mit dem Dachverband der Kammern UCCAEP (Unión de Costarricense de Cámaras y Asociaciones del Sector Privado), der Industriekammer Costa Ricas (Cámara de Industrias de Costa Rica), der Freihandelszonenvereinigung (Asociación de Empresas de Zonas Francas de Costa Rica – AZOFRAS) oder mit dem Bildungsministerium (Ministerio de Educación Pública) und INA (Instituto Nacional de Aprendizaje) wurde der wachsende Stellenwert der dualen Berufsbildung im Land deutlich.

GOVET Projektleiterin Julia Olesen mit Juan Alfáro, Geschäftsführer von INA, und weiteren Mitgliedern der Regionaldirektionen

Umso mehr Anlass für eine gemeinsame Zwischenbilanzierung nach der ersten Umsetzungsphase, um die vielen Lernerfahrungen und daraus resultierende Anpassungs- und Verbesserungsbedarfe in den Blick zu nehmen. Im Fokus stand hier die Forderung der Vertreter*innen von Kammern und Freihandelszonen, die administrativen Prozesse – die Unternehmen vor und während der Ausbildung durchlaufen – zu vereinfachen und verschlanken. Andernfalls würden Unternehmen durch zu hohe Hürden in der Organisation und Umsetzung dualer Ausbildung abgeschreckt.

Von den schon beteiligten Unternehmen und ihren Ausbildenden – in Costa Rica Mentor*innen genannt – gab es vor allem zum Ausbildungskurs für dieses Personal konstruktive Kritik: Eine methodisch didaktische Vorbereitung für die Aufgaben der Ausbildung sei unbedingt erforderlich, jedoch seien im bestehenden Kurs praktische Übungen zu wenig berücksichtigt. Der Schwerpunkt müsse auf der Vermittlung von Handlungskompetenz für die Mentorinnen und Mentoren liegen. Die Unternehmen wünschten sich einen kürzeren Kurs, dafür aber eine kontinuierliche Begleitung über mehrere Monate.

Die Arbeitsgruppe zog ein Zwischenfazit der bisher eingeführten Ausbildungsprogramme.

In einer Präsenzsitzung der Arbeitsgruppe der interinstitutionellen Berufsbildungskommission (Comisión Asesora y Promotora) analysierten die Mitglieder die Rückmeldungen, um konkrete Arbeitspakete und Verbesserungsschritte abzuleiten. Vize-Bildungsminister Melvin Chaves Duarte  sprach sich im Gespräch mit GOVET dafür aus, die Berufsbildung so zu gestalten, dass junge Menschen mit den für Unternehmen relevanten Fähigkeiten und Kompetenzen ausgestattet werden und der Übergang in den Arbeitsmarkt möglichst gut gelinge.

In den künftigen Entwicklungen wird der enge Schulterschluss von Wirtschaft und Staat – unter Beteiligung der Gewerkschaften – eine große Rolle spielen. Neue Ausbildungsprogramme müssen an den Bedarfen der Unternehmen ausgerichtet werden, damit diese erfolgreich und langfristig etabliert werden können. Die staatlichen Anbieter werden flexibel und kurzfristig auf die Bedarfe der Wirtschaft reagieren müssen, um schrittweise das Angebot auszubauen. Die Voraussetzungen wurden mit einer wegweisenden Gesetzgebung, einer soliden Institutionalisierung und der breiten Beteiligung der Akteure geschaffen.