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Gastbeitrag des israelischen Botschafters S. E. Ron Prosor zum Israel-Programm

"Diplomatie mit den Händen". So fasst der Botschafter Israels in Deutschland die Rolle des Israel-Programms zu den Beziehungen zwischen beiden Ländern zusammen. Die Lernaufenthalte für Auszubildende im Partnerland hat dabei eine besondere Bedeutung, denn es geht nicht nur um das Handwerk. Es geht auch um das gegenseitige Verständnis.

Offizielles Bild von Ron Prosor auf blauem Hintergrund

Wer hätte gedacht, dass wir 77 Jahre nach der Gründung des Staates Israel bereits seit über 55 Jahren erfolgreich mit der Bundesrepublik Deutschland im Bereich der Berufsbildung zusammenarbeiten?

Das erste Kooperationsabkommen wurde bereits 1969 geschlossen – nur vier Jahre nach der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Israel und Deutschland, deren 60. Jubiläum wir in diesem Jahr 2025 feiern.

Die Tatsache, dass eine so enge Zusammenarbeit schon so früh begann, ist ein eindrucksvolles Zeugnis für das stabile Fundament und die nachhaltige Wirkung des Programms. Was wir in diesen mehr als fünf Jahrzehnten gemeinsam erreicht haben, erfüllt mich mit Stolz und großer Freude. 

Besonders hervorzuheben sind die dreiwöchigen Lernaufenthalte für Auszubildende. Israelis und Deutsche arbeiten gemeinsam in beiden Ländern an spannenden Projekten, sei es im Tischlerhandwerk, in der IT-Branche oder in der Gastronomie. 

Diese jungen Menschen betreiben Diplomatie mit den Händen: Sie bauen, gestalten, würzen – mit Holz, Metall oder frischem Gemüse. Am Ende eines Arbeitstages sehen sie direkt, was sie zusammen geleistet haben. Es sind keine großen Reden, die hier verbinden, sondern handfeste Taten. 

In Deutschland hat die duale Berufsbildung eine lange und erfolgreiche Tradition. Vom Lehrling zum Meister – dieser Weg steht für Qualität, Durchhaltevermögen und Professionalität. Er ist aber noch viel mehr als nur ein Karrierepfad, sondern etwas, auf das man mit Stolz blickt.

Genau das bewundern wir in Israel. Wir schätzen die Tiefe, die Struktur und die Disziplin, mit der Deutschland seine Fachkräfte ausbildet. Davon müssen wir lernen. Gleichzeitig bringen wir andere Stärken mit ein: Kreativität, Flexibilität, Improvisationstalent. Wenn beide Seiten voneinander lernen, entsteht etwas Besonderes.

Doch wenn die Lehrlinge aus Israel und Deutschland zusammenkommen, geht es nicht nur um Handwerk. Denn gleichzeitig haben sie in ihrem Partnerland die Gelegenheit, das Land und ihre Menschen auf vielfältige Weise kennenzulernen und in deren Kultur einzutauchen: Ob beim Genießen von frisch zubereitetem Sabich, Tscholent und israelischem Arak [MAA1] oder bei einer Brotzeit mit Brezeln, Kartoffelsalat und deutschem Bier – es entsteht ein Dialog, der weit über das bloße Essen hinausgeht. Er eröffnet ein Verständnis für die kulinarischen Traditionen und Werte des Gastlandes.

Diese Begegnungen sind essenziell, um das gegenseitige Verständnis zu vertiefen und die Verbindungen zwischen unseren Ländern zu stärken – gerade vor dem Hintergrund der besonderen historischen Beziehungen zwischen Israel und Deutschland. 

Sie gewinnen zusätzlich an Bedeutung angesichts der aktuellen Herausforderungen. Nach dem grausamen Massaker vom 7. Oktober 2023 zerstörten Hamas-Terroristen auch zahlreiche israelische Dörfer und Kibbutzim. Der Schmerz dieses Tages lastet noch immer schwer auf dem ganzen Land, die zerstörten Gemeinden sind nach wie vor mit ihrem Wiederaufbau beschäftigt.

Umso wichtiger ist es, dass wir, Israelis und Deutsche, zusammenstehen und unsere Kräfte bündeln: Dass wir Hand in Hand mit konkreten Taten und Projekten das Zerstörte neu aufbauen. Denn jeder weiß: Auf der Familien-Ebene ist das Haus mehr als nur ein Gebäude. Es ist der wichtigste Ort für Bindungen, Erinnerungen und Geborgenheit. Damit schenken wir nicht nur Heilung und Hoffnung, sondern bilden gleichzeitig ein neues Fundament für unsere gemeinsame Zukunft. 

Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie die Erlebnisse im Gastland stabile und langanhaltende Freundschaften zwischen Israelis und Deutschen schaffen, die noch viele Jahre später Früchte für eine gemeinsame Zukunft tragen.

Ich bin fest davon überzeugt, dass das Deutsch-Israelische Programm in der Berufsbildung auch weiterhin als eine herausragende Brücke zwischen unseren beiden Kulturen dienen wird. Doch eines ist klar: Auch starke Brücken brauchen Pflege. Die tragenden Pfeiler müssen saniert und gestärkt werden, damit sie nicht irgendwann marode werden.

Lasst uns daher auch in Zukunft alles daran setzen, die direkten Begegnungen junger israelischer und deutscher Fachkräfte weiter zu fördern.

Denn obwohl ich selbst den Titel „Botschafter“ nur ungern anderen überlasse – schließlich habe ich jahrelang darauf hingearbeitet – bin ich überzeugt, dass die wahren Botschafter für unsere Zukunft die jungen Menschen sind.

Ich möchte allen, die sich seit Beginn des Projekts und bis heute engagieren, Israelis wie Deutschen, herzlichst „Danke“ sagen. 

Ihre Arbeit ist eine wichtige Säule der israelisch-deutschen Beziehungen!