Gemeinsam handeln – der Runde Tisch als Plattform für internationale Berufsbildungszusammenarbeit
Neben den regelmäßigen Sitzungen des Runden Tisches lag der Schwerpunkt der Geschäftsstelle auf der Stärkung der Fachkompetenz der Akteure.

Weitgehend geräuschlos verlief die Arbeit der Geschäftsstelle des Runden Tisches im Jahr 2024. Was nach „langweilig“ oder „nichts los“ klingen könnte, belegt den Erfolg dieses Formats. Der Runde Tisch wurde eingerichtet, um die vielfältigen Interessen der zahlreichen deutschen Akteure der internationalen Berufsbildungszusammenarbeit zu bündeln und in kohärentes Handeln zu führen. Die Geräuschlosigkeit ist Ausdruck der gut eingespielten Zusammenarbeit. Das bedeutet nicht, dass in der Sache nicht auch bisweilen hart diskutiert und gerungen wurde. Im Gegenteil, die disruptiven Veränderungen, die das Jahr 2024 sowohl national als auch global brachte, schlugen sich auch in den behandelten Themen nieder. Stets ging es jedoch darum, gemeinsame Lösungen zu finden, bei denen nicht ein Akteur profitiert, sondern bei denen sich alle Akteure sicher waren, dass sie den gemeinsamen Zielen der deutschen Berufsbildungszusammenarbeit dienen.
Der Runde Tisch für internationale Berufsbildungszusammenarbeit (iBBZ) ist das zentrale Austausch- und Koordinierungsformat der Bundesregierung in diesem Bereich, und GOVET ist seine Geschäftsstelle. Er bringt Akteurinnen und Akteure aus Bundesministerien, Bundesländern, Kammern, Sozialpartnern, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Durchführungsinstitutionen zusammen. Ziel ist es, Synergien zu nutzen, Aktivitäten transparent zu machen und Deutschland international mit einer gemeinsamen Stimme auftreten zu lassen.
Im Jahr 2024 tagte der Runde Tisch insgesamt fünfmal auf Arbeits- bzw. Ressortebene (RT-R und RT-A). Besprochen wurden u. a. die Umsetzung der Empfehlung der International Labour Organisation (ILO) zur dualen Ausbildung, die Zusammenarbeit mit der Ukraine sowie das übergreifende Thema „Lernen von anderen“. Mit WorldSkills Germany e.V. hat der Runde Tisch für internationale Zusammenarbeit auf Akteursebene seine 35. Mitgliedsorganisation dazugewonnen. So fließt weitere Berufsbildungsexpertise und internationale Erfahrung in den Austausch der Akteure ein.
Fachseminare: tiefer eintauchen, gemeinsam weiterdenken
Ein Highlight 2024 waren erneut die Fachseminare des Runden Tisches – ein Format, das gezielt Raum für inhaltliche Vertiefung und interaktiven Austausch bietet. Drei Themen standen 2024 im Fokus:
- VET Chain – Nachhaltigkeit entlang von Lieferketten (Februar): Ein Ansatzpunkt zur Entwicklung nachhaltiger Konzepte in der Berufsbildung ist die Betrachtung ganzer Lieferketten. Um Berufsbildungsakteurinnen und -akteure für diese Thematik im Ausbildungskontext zu sensibilisieren, wurde innerhalb eines Projektes der internationalen Abteilung im BIBB ein interaktives Tool zur Vermittlung von Nachhaltigkeitsverständnis in der Berufsbildung entlang der Lieferkette entwickelt. Im Rahmen der Bildungsmesse didacta in Köln wurde das Workshop-Konzept mit Mitgliedern des Runden Tisches und Fachleuten aus dem Bereich Nachhaltigkeit erstmals eingesetzt und danach auf Nachfrage auch international genutzt.
- Fachkräftesicherung durch Qualifizierung im Ausland (Juni): Mit über 80 Teilnehmenden war dieses Seminar stark nachgefragt. Im Mittelpunkt standen gesetzliche Neuerungen zur Fachkräfteeinwanderung, Skills Partnerships sowie Praxisbeispiele aus Ghana, Ägypten und weiteren Partnerländern. Ein zentrales Fazit: Gute Vorbereitung im Herkunftsland braucht klare Standards, verlässliche Strukturen – und starke Netzwerke.
- Zertifizierung und Anerkennung in der iBBZ (Oktober): Das dritte Fachseminar widmete sich Fragen rund um Zertifikate, Qualitätssicherung und rechtliche Rahmenbedingungen. Viele internationale Partner erwarten deutsche oder international anerkannte Abschlüsse – ein Thema mit hoher Relevanz für die Glaubwürdigkeit und Anschlussfähigkeit von Projekten.
Die Fachseminare bieten den Botschaften wertvolle Orientierung in einer wichtigen, aber komplexen Materie. Außerdem ermöglichen Sie den fachlichen Austausch mit anderen Akteuren.
Tarmo Dix, Deutsche Botschaft La Paz, Bolivien
Die GOVET-Fachseminare stoßen inzwischen auch bei Landesministerien und Auslandsvertretungen auf großes Interesse – sie fördern nicht nur Wissenstransfer, sondern geben auch neue Impulse für die Praxis.
Länderübergreifend denken: der Bund-Länder-Dialog
Berufsbildung ist in Deutschland sowohl Bundes- als auch Ländersache – entsprechend wichtig ist die enge Abstimmung in der internationalen Zusammenarbeit. Bei zwei virtuellen Bund-Länder-Dialogen im Januar und Dezember 2024 tauschten sich Ministerien und Behörden aus 15 Bundesländern mit Vertreterinnen und Vertretern aus fünf Bundesministerien über ihre Aktivitäten, Strategien und Partnerschaften aus. Schwerpunkt der Treffen war der Informationsaustausch über die jeweiligen Herangehensweisen, spezifische Ziele und Interessen, regionalen Schwerpunkte und aktuellen Aktivitäten in der internationalen Berufsbildungszusammenarbeit.
Viele Länder pflegen eigene Partnerschaften – oft in Afrika, zunehmend aber auch mit Vietnam oder Indien. Ergänzend arbeiten sie im Bund-Länder-Programm zur nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung eng mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) zusammen. Berufsbildung spielt dabei eine zentrale Rolle.
Vor Ort vernetzen: iBBZ an Auslandsvertretungen
Ein besonderes Format des Runden Tisches sind die Runden Tische an deutschen Auslandsvertretungen – in ca. 30 Ländern finden sie als Koordinationstreffen an deutschen Botschaften oder Auslandshandelskammern statt. Diese lokalen Runden Tische dienen der Abstimmung der deutschen Akteure im jeweiligen Partnerland. GOVET unterstützt diese Treffen mit Fachinput, Moderation oder durch Vernetzung und Vermittlung von Akteuren.
Im November organisierte GOVET zudem regionale Fachdialoge für neue Berufsbildungszuständige an deutschen Auslandsvertretungen – nach Kontinenten strukturiert. Themen wie Berufsorientierung, Zertifizierung oder Fachkräftemobilität standen dabei im Mittelpunkt. Die Nachfrage zeigt: Die Themen der iBBZ sind für die Außenvertretungen relevanter denn je – auch im Sinne der Bildungsdiplomatie.
Austausch auf Augenhöhe: Fachdialoge als individuelle Unterstützung
GOVET bietet neben den großen Formaten auch maßgeschneiderte Fachdialoge für Einzelpersonen oder Kleingruppen an – etwa für Ministerien, AHKs oder internationale Organisationen. 2024 fanden unter anderem Gespräche mit WorldSkills Germany e.V., dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), dem Auswärtigen Amt und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) statt. Die Themen reichten von Berufsbildungssystemen über Fragen der Anerkennung bis hin zur Entwicklung konkreter Kooperationsansätze.
Unmittelbar nachdem ich die Zuständigkeit für das Thema Berufsbildung im Auswärtigen Amt übernommen habe, nutzte ich den Fachdialog. Dieses Format ermöglichte es mir, schnell wertvolle Informationen von GOVET zu erhalten und meine neuen Aufgaben effizient anzugehen.
Anja Walther, Referat Wirtschaftsdiplomatie im Auswärtigen Amt
Strategisch weiterdenken: Länderstrategien im Fokus
Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt war die Überarbeitung und Erstellung von Länderstrategien. Die überarbeiteten Strategien für Südafrika, Griechenland, Portugal und Ghana wurden 2024 dem Runden Tisch auf Leitungsebene übergeben, und für Indien, Italien, USA und Mexiko wurde der Prozess der Aktualisierung der Länderstrategien unter Beteiligung der Akteure weit vorangebracht – ein Beitrag zur strategischen Steuerung des deutschen Berufsbildungsengagements im Ausland.
Fazit:
Der Runde Tisch hat sich auch 2024 als zentrale Plattform für Koordination, Wissensaustausch und strategische Weiterentwicklung bewährt. Die Mischung aus regelmäßigen Sitzungen, thematischen Fachseminaren, gezielter Beratung und internationaler Vernetzung macht ihn zu einem wirksamen Instrument der deutschen Berufsbildungsdiplomatie – und zu einem Ort, an dem Zusammenarbeit sichtbar gelebt wird.