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Mit 100 Fragen gestartet – mit 200 zurückgekehrt: Study Tours des Deutsch-Israelischen Programms 2016

Im April 2016 reiste eine Gruppe von zwölf deutschen Bildungsexpert*innen nach Israel. Im Rahmen einer Study Tour informierten sie sich über das Prüfungswesen in der israelischen Berufsbildung. Im Juni 2016 fand der Gegenbesuch der israelischen Gruppe statt.

Mit 100 Fragen gestartet – mit 200 zurückgekehrt: Study Tours des Deutsch-Israelischen Programms 2016

Study Tour für deutsche Expert*innen nach Israel

Programmschwerpunkt der Study Tour vom 10. bis 19. April 2016 in Israel war „Das Prüfungswesen in der Berufsbildung Israels, Kompetenzfeststellung, Qualifikationsprofil von Prüfer*innen“. Die Teilnehmer*innen arbeiten an Berufsschulen, in Ausbildungsbetrieben, bei Bildungsträgern, Arbeitsagenturen oder Einrichtungen der IHK zur Erstellung von bundeseinheitlichen Prüfungsaufgaben und erfüllen über ihre Berufstätigkeit hinaus vielfältige Aufgaben im Prüfungswesen der beruflichen Bildung.

In Israel lernten sie zunächst das israelische Berufsbildungssystem kennen. Auf dieser Grundlage war das weitere Programm aus Vorträgen, Präsentationen, Fachbesuchen und Diskussionen mit Verantwortlichen aus den unterschiedlichsten Institutionen des israelischen Bildungssystems aufgebaut.

Neue Blickwinkel

Fachlicher Austausch zwischen deutschen und israelischen Expert*innen im Ministerium für Wirtschaft und Industrie

Programmpunkte, die den Teilnehmer*innen besonders in Erinnerung geblieben sind, waren das „Center for Educational Technology (CET)“, das moderne High-Tech Lernmaterialien entwickelt, und das „MOFET Institute“, das Lehrer*innen und Dozent*innen für die Lehrkräfteausbildung schult und wo die Referent*innen mit großem Engagement und Flexibilität auf alle Fragen eingingen.

Für die deutsche Gruppe war es ein fruchtbarer fachlicher Austausch. „Durch die fremde Brille habe ich einen neuen Blick auf die Berufsbildung in Deutschland bekommen und eine andere Herangehensweise kennengelernt. In Israel ist vieles nicht im Vorhinein durchgeplant, sondern ein offener Prozess, der durchaus Fehler zulässt“, erklärt Susanne Krey-de Groote, Studiendirektorin am Berufskolleg an der Lindenstraße in Köln. Durch diese flexiblen Strukturen könne Israel sehr schnell auf Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt reagieren.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Prüfungswesen

Über das Prüfungswesen in Israel informierten sich die Teilnehme*innen unter anderem in der „Nationalen israelischen Behörde für Messung und Evaluation im Bildungssystem“ (RAMA) und dem „National Institute for Testing & Evaluation“ (NITE). Ihre Erkenntnisse: Auch in Israel sind Abschlussprüfungen in der Berufsbildung ein wichtiges Instrument der Qualitätssicherung. In Deutschland wurden in den vergangenen Jahren die Prüfungen in vielen Berufen im Hinblick auf eine handlungs- und prozessorientierte Berufsausbildung umgestaltet und die Messung beruflicher Handlungsfähigkeit schwerpunktmäßig durch die Feststellung von Kompetenzen festgelegt. Dieser Begriff ist im pädagogischen Instrumentarium Israels bislang noch nicht so deutlich greifbar. Einig waren sich die Expert*innen aus beiden Ländern, dass die Evaluation der Aussagekraft von Prüfungen und Prüfungsergebnissen weiter ausgebaut und erforscht werden muss.

Überraschende Gelassenheit

Auch kulturell war es für die Teilnehmer*innen eine beeindruckende Reise. Sie erhielten Einblicke in Geschichte und Geografie des Landes, die zwei unterschiedlichen Städte Tel Aviv und Jerusalem sowie die aktuelle politische Lage. Faszinierend fanden sie, wie das Leben trotz einer jederzeit möglichen Gefahrenlage seinen normalen Gang geht. „Ich nehme eine große Portion Unaufgeregtheit mit“, sagt Karl Schmidt, Oberstudienrat am Berufskolleg Kleve.

Israel erlebten die Teilnehmer*innen als vielfältiges Land der Kontraste, das kulturell und fachlich immer wieder Überraschungen bereithielt. Obwohl sie zahlreiche neue Erkenntnisse gewonnen haben, tauchten für die Teilnehmer*innen an anderen Stellen wieder neue Fragen auf. „Wir sind mit 100 Fragen gestartet und mit 200 zurückgekehrt“ – so fasst die Gruppe ihre Erfahrungen zusammen.

Einige dieser Fragen können sie jedoch in Zukunft beantworten, denn das Ende der Study Tour ist für viele Teilnehmer*innen nicht das Ende ihrer Kooperation mit Israel: „Ich habe Verbindungen für eine zukünftige Zusammenarbeit geknüpft“, erklärt Michael Teuffer, Berufsschullehrer an der Andreas-Albert-Schule in Frankenthal.

Study Tour für israelische Expert*innen nach Deutschland

Vom 29. Mai bis zum 7. Juni 2016 fand dann der Gegenbesuch einer israelischen Gruppe in Deutschland statt. Die Berufsbildungsexpert*innen informierten sich in Bonn und Stuttgart über das deutsche Berufsbildungs- und Prüfungssystem.

Die israelische Gruppe im Bundesinstitut für Berufsbildung

Dazu besuchten sie unter anderem das Bundesinstitut für Berufsbildung, ein Berufskolleg, einen Ausbildungsbetrieb, den Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe, die HWK Region Stuttgart, die Universität Stuttgart sowie die Zentralstelle für Prüfungsaufgaben Nord-West. Auf besonderes Interesse stießen die Fehlersimulation als Methode zur Kompetenzfeststellung sowie die Wertigkeit von sozialen Kompetenzen in deutschen Curricula.

Die Arbeit der deutschen Prüfungssausschüsse war für viele israelische Teilnehmer*innen überraschend. "Es ist erstaunlich, dass Prüfungsausschüsse, die sich aus so vielen Vertreter*innen unterschiedlicher Institutionen und Interessengruppen zusammensetzen, zu einem Einigungsprozess kommen", berichtet Hani Zohar vom israelischen Ministry of Economy and Industry.

Auch das Kulturprogramm kam nicht zu kurz. Ein Ausflug nach Köln, eine Schifffahrt auf dem Rhein mit Besuch des Drachenfels sowie Stadtführungen in Bonn und Stuttgart standen auf dem Programm.

Insgesamt zogen auch die israelischen Teilnehmer*innen ein sehr positives Fazit aus der Study Tour. Die Gruppe zeigte sich beeindruckt von dem Engagement, das sie bei allen Beteiligten im deutschen Berufsbildungssystem wahrnahm. Die Wertschätzung und den Stolz, mit dem deutsche Auszubildende von ihrer Ausbildung berichten, wünschen sie sich auch in Israel.